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Im Gespräch: Winfried Hermann. Verkehrsminister von Baden-Württemberg.

Weichen stellen für die Zukunft und eine starke Region.

„Unser ziel: Vom Autoland Nr. 1 zum Mobilitätsland Nr. 1!“

Er ist ein Verfechter der Regio S-Bahn, sie ist seine Herzensangelegenheit.

Wir haben uns mit dem Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, unterhalten.

DINGFO: Herr Minister Hermann, mit der Südbahn wird zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 erst die dritte von insgesamt sechs auf Ulm zuführenden Bahnstrecken elektrifiziert. Können Sie unseren Lesern erklären, warum Oberschwaben so lange auf diesen Moment warten musste? Und gibt es bereits Elektrifizierungspläne für Brenzbahn und Donaubahn?

„Das Land hat bereits seit etlichen Jahren ein Elektrifizierungskonzept, obwohl eigentlich laut dem Grundgesetz der Bund für das Schienennetz verantwortlich ist.

In Deutschland sind nur rund 60 Prozent der Streckenkilometer der DB Netz AG elektrifiziert. Lange Zeit ging in Sachen Oberleitung kaum mehr etwas voran.

Zu den Strecken, die „das Glück“ hatten, gehörte die Südbahn. Die Elektrifizierung wurde aber nur möglich, weil Baden-Württemberg jahrelang politischen Druck gemacht und die Übernahme erheblicher Kostenanteile zugesagt hat.

Darüber hinaus treiben wir die Elektrifizierung über die Maßnahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes voran.

Auch die Brenzbahn soll wegen des hohen Verkehrsaufkommens elektrifiziert werden.

Dazu hat das Land mit den Anliegerlandkreisen 2020 eine Absichtserklärung abgeschlossen. Im Februar haben Baden-Württemberg und Bayern die Elektrifizierung beim Bund zur Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz angemeldet.

Zur Donaubahn und weiteren Strecken läuft eine Studie, deren Ergebnis wir 2022 erwarten. Dabei wird untersucht, auf welchen Abschnitten eine Oberleitungselektrifizierung oder der Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (zum Beispiel Brennstoffzelle oder Batterie) möglich und wirtschaftlich ist. Auch hier wird angestrebt, dass die Dieselfahrzeuge zeitnah abgelöst werden.

Wie erwähnt, handelt es sich bei den Strecken um Schienenwege des Bundes, so dass vor allem auch das Engagement des Bundes gefordert ist. Die Elektrifizierung würde zudem den heute schon dort verkehrenden Güterverkehr erleichtern und klimafreundlicher gestalten.“

„Mit der Regio S-Bahn soll der Schienenverkehr in der Region mit bestimmten Standards verbunden werden.“

Weichen stellen für die Zukunft.

DINGFO: Am 29. Oktober 2021 haben Sie zusammen mit Ihrer Kollegin aus Bayern, Frau Ministerin Schreyer, das Logo für eine Regio S-Bahn vorgestellt. Welche Erwartungen knüpfen Sie an die Idee, die hinter diesem Logo steckt? Und warum machen Sie hier mit Bayern gemeinsame Sache?

„Den Mobilitätsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden, ist Aufgabe moderner Verkehrspolitik. Da dürfen Grenzen zwischen zwei Bundesländern kein limitierender Faktor sein.

Dieser Grundsatz gilt im Besonderen für die Region Donau-Iller mit dem Doppelzentrum Ulm und Neu-Ulm. Hier, an der Schnittstelle der Länder Baden-Württemberg und Bayern, müssen wir große Projekte gemeinsam denken und umsetzen.

Für meine bayrische Kollegin Frau Ministerin Schreyer und mich ist es daher selbstverständlich, dass wir bei dem einzigartigen Verkehrs- und Infrastrukturprojekt Regio S-Bahn Donau-Iller partnerschaftlich vorgehen. Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, können wir nur gemeinsam erreichen.

Mit der Regio S-Bahn soll der Schienenverkehr in der Region mit bestimmten Standards verbunden werden. Klare Linien, feste Takte, kurze Reisezeiten und ein zuverlässiger Betrieb sorgen für einen attraktiven Nahverkehr.

Dafür steht die Regio S-Bahn, dafür steht das Logo. Es ist ein klares Zeichen für mehr umweltfreundliche Mobilität.

Übrigens: Aktuell springen viele Oberzentren in Deutschland auf den Zug auf und setzen eigene Regio S-Bahn Projekte buchstäblich „aufs Gleis“.“

DINGFO: Ende 2022 soll die Neubaustrecke zwischen Ulm und Wendlingen in Betrieb genommen werden – die Frage, die jetzt folgt, haben Sie sicher schon erwartet: Wann können die Ulmer bis Stuttgart durchfahren?

„Auf der Neubaustrecke starten wir im sogenannten Vorlaufbetrieb mit einem Interregioexpress im Stundentankt von Wendlingen nach Ulm Hbf mit Halt in Merklingen. In Wendlingen sind gute Anschlüsse von und nach Stuttgart mit Zügen der Neckar-Alb-Bahn sichergestellt.

Leider ist eine Durchbindung des Verkehrs nach Stuttgart aufgrund der eingleisigen Anbindung der Neubaustrecke an die Altstrecke und der hohen Streckenbelastung zwischen Wendlingen, Plochingen und Stuttgart noch nicht möglich.

Als Land hätten wir hier gerne mehr angeboten, aber die begrenzte Infrastruktur lässt es einfach nicht zu.

Mit der kompletten Fertigstellung der Neubaustrecke bei Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wird das aber anders. Dann kommen die Fahrgäste im Stundentakt schnell und direkt von Stuttgart über die Neubaustrecke nach Ulm und auch weiter an den Bodensee. Über die Filstalbahn bleibt die direkte Verbindung im schnellen Regionalverkehr zwischen Stuttgart und Ulm vor und nach allen Inbetriebnahmen erhalten.“

DINGFO: Noch leiden die Fahrgastzahlen unter den Folgen der Corona-Pandemie – wird irgendwann wieder völlige Normalität einkehren oder bleibt dem öffentlichen Nahverkehr langfristig ein Handicap, Stichwort „Infektionsgefahr“ oder „Home-Office“?

„Die Fahrgastzahlen haben in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Die Hygiene-Regeln, unsere Risiko-Studien und die Steigerung der Impf-Quote haben dazu beigetragen, dass der ÖPNV nicht als Ansteckungsgefahr eingeschätzt wird.

Unser Ziel ist es, die Nachfrage nach ÖPNV-Leistungen weiterhin zu beleben und bis 2030 zu verdoppeln. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir die gleichen Nachfragemuster wie vor Corona verzeichnen werden. Die Arbeitsbedingungen und -anforderungen haben sich verändert.

Viele Menschen haben die Vorteile des Home-Office und flexibler Arbeitszeitmodelle kennen gelernt und möchten auch in Zukunft davon profitieren. Das heißt aber keinesfalls, dass der öffentliche Nahverkehr an Relevanz verliert, denn er ist nicht nur ein unverzichtbares Element der Mobilitätssicherung und des täglichen Lebens, sondern auch ein wichtiger Bestandteil bei der Erreichung der Klimaschutzziele.

Es bleibt unsere Aufgabe, für noch bessere Angebote, mehr Zuverlässigkeit, flexible Ticketangebote und Dienstleistungen zu sorgen, um noch mehr Menschen von den Vorteilen des ÖPNV zu überzeugen.

Auch im Hinblick auf die Infektionsgefahr ist und bleibt der öffentliche Nahverkehr sicher. Schon während der Pandemie konnte kein erhöhtes Infektionsgeschehen festgestellt werden.

Dies haben mehrere unabhängige Untersuchungen (wie etwa der Deutschen Bahn für den Verkehr, Chinesische Studie, Studie der Charité) bestätigt.

Neben den vergleichsweise kurzen Reisezeiten haben auch die Maßnahmen der Branche (etwa Hygienekonzepte, Klimaanlagen zum Frischluftaustausch, automatische Tür-/Fensteröffnungen) gewirkt.“

DINGFO: Multimodalität ist vor allem für junge Fahrgäste interessant und attraktiv – worauf kommt es an, in diesem Bereich spürbare Fortschritte zu erzielen?

„Mit dem Bus zur Schule, mit dem Rad zum Badesee oder mit dem Zug zu den Großeltern zu fahren, das ist für viele junge Menschen selbstverständlich gelebte Alltagsmobilität.

Irgendwann machen viele einen Führerschein und erfahren ihre größere Bewegungsfreiheit als wichtigen biografischen Entwicklungsschritt. Der Besitz eines eigenen Fahrzeugs prägt das individuelle Mobilitätsverhalten oft langfristig und überlagert teilweise frühere Erfahrungen von Multimodalität und das Wissen um nachhaltige Mobilitätsangebote im eigenen Lebensumfeld.

Bis 2030 streben wir in Baden-Württemberg jedoch bekanntlich eine Verkehrswende an.

Junge Menschen möchten weiterhin mobil sein, sind grundsätzlich aber offen für klimafreundliche, bezahlbare und flexibel nutzbare Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Die Fahrradmitnahme ist im Nahverkehr in Baden-Württemberg kostenlos möglich. An Bahnhöfen fördern wir Mobilitätshubs mit Abstell- und Ausleihmöglichkeiten.

Im Rahmen der Mitmachaktion #sharewochen können beispielsweise interessierte Fahrschülerinnen und Fahrschüler über ihre Fahrschule kostenfrei an Theorie- sowie Praxismodulen zum Carsharing teilnehmen. Dabei lernen sie in nur 15 Minuten den Ablauf einer Carsharing-Buchung kennen und entdecken dadurch eine nachhaltige Mobilitätsform vor Ort für sich, die ihren künftigen Mobilitätsmix dauerhaft enorm bereichern kann.

Wir informieren die Führerscheinneulinge zudem über die vielfältigen Angebote, sich mit dem Auto sowie mit anderen Verkehrsmitteln umweltverträglicher fortzubewegen.“

Die Regio S-Bahn bringt moderne Mobilität in die Region.

Ein Mobilitätswandel ist das Gebot der Stunde. Nicht nur, weil der Klimawandel uns zum Handeln drängt, sondern vor allem, weil auch die Menschen in ländlicheren Regionen auf einen leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV angewiesen sind. Der ÖPNV muss die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes mitnehmen und durch klare Vorteile überzeugen, damit wir gemeinsam die Mobilitätswende vorantreiben können.

Dafür braucht es neue Konzepte und Ideen. Die Regio S-Bahn ist ein solches Konzept. Das Ziel ist die optimale Vernetzung von ländlichen Gebieten, regionalen Zentren und Ballungsräumen sowie die Integration multimodaler Mobilitätsangebote.

Mehr Infos:
rsbahn.de oder rsb-di.de

„Wir müssen den öffentlichen Verkehr weiterdenken, um ihn für alle Menschen attraktiver zu machen – egal, wo man wohnt. Mit der Regio S-Bahn verbinden wir die Stadt mit der Region auf stressfreie klimafreundliche Weise.“
Winfried Hermann, Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg

„Das Produkt Regio S-Bahn steht für eine besondere Verbindungsqualität zwischen Stadt und Umland und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zum nachhaltigen Mobilitätsangebot der Region.“
Dr. Oliver Dümmler, Geschäftsführer Regio-S-Bahn Donau-Iller (e.V.)